Was Zeit eigentlich sein könnte, lerne ich erst hier.
Zu Hause sind die Tage immer ähnlich vergangen. Im gleichen Tempus, im gleichen Alltag.
Doch das Leben in Panama hat mir ein unglaubliches Geschenk gemacht.
Ich lerne wie wichtig der Moment ist.
Jeden Tag darf ich so viele neue Dinge erleben. Das kann ich nur, weil ich die Zeit dafür habe mich ganz fallen zu lassen.
Kein schulischer Druck, keine Pflichten, die einem auferlegt werden, kaum gesellschaftliche Zwänge, die das Tun und Handeln jeden Tag determinieren.
Hier bin ich in einem völlig neuen Umfeld. Ab dem Zeitpunkt, als ich aus dem Flieger stieg kannte ich nichts; keinen einzigen Menschen (außer die Mitfreiwilligen), keine Straße, kein Haus ... noch nicht einmal die Sprache.
Dies gibt mir die Freiheit alles absolut neu zu erkunden und mit völlig neuen Eindrücken gewinne ich ein neues Verhältnis zu mir selbst.
Denn jede neue Begegnung versuche ich in meine persönliche Biografie einzuordnen. Ich beginne zu vergleichen und mir fallen Dinge wieder ein, die längst in Vergessenheit geraten sind. Es fällt auf, wie stark die vorherigen Erlebnisse, seitdem ich geboren bin, das jetzige Verhalten bestimmen.
Ich bemerke, was ich wirklich mag und was nicht.
Gefühle werden einfach stärker empfunden, weil ich die Zeit habe, mich mit ihnen zu befassen.
Wie wertvoll Zeit ist habe ich auch erst hier gelernt. Ich wachte auf und auf einmal war Weihnachten. Ich war in dem Moment schon 4 Monate hier.
Mir kommt es vor wie 2 Tage, aber gleichzeitig habe ich mich so auf das Leben hier eingelassen, dass es mir vorkommt als sei ich schon immer hier.
Die Relativität der Zeit zeigt sich nicht nur in dem Zeitgefühl, sondern auch darin, dass es an manchen Tagen wirklich "relativ" ist, wie viel Uhr es ist. Man steht mit der Sonne auf und geht mit ihr ins Bett, isst wenn man hunger hat und hört auf zu arbeiten, wenn alle "Tubos" verbunden sind.
Das alles gibt eine so starke, innere Zufriedenheit.
Aus der ich viel Kraft gewinne, mich mit Dingen zu befassen, die ich zu Hause nicht einmal wahrgenommen hätte.
Die Zeit gibt einem also die Kraft zu Reflexion und die Freiheit zu Handeln.
"Denn Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen" - MOMO, ZWEITER TEIL: DIE GRAUEN HERREN, Sechstes Kapitel, (1973) K. Thienemann Verglag Stuttgart, S. 57
- Viktoria
Panama Neuigkeiten:
Hildegard Jaschinski hat uns über Weihnachten und Silvester besucht. Aufgrund eines Erbes konnte sie und ihr Bruder die Schule in "Piedra de Fogón" finanzieren. Diese haben wir zusammen mit ihr besucht und wurden herzlich empfangen. Weihnachten feierten wir bei der Familie von Lorena in Aquadulce und das neue Jahr wurde natürlich mit einer super Party begonnen.