"Oh wie schön ist Panama"? Janosch war Gestern JETZT erzählen wir!
Samstag, 9. Juli 2016
Samstag, 11. Juni 2016
Rück/Vor-Aus-Blick (Lost & Found)
Ich schrieb einem Freund, wir gingen ins Kino, ob er nicht mitkommen wolle und bekam erst mal keine Antwort. Als wir gemütlich in den Kinosesseln saßen, in Pullis und Fleecedecken gekuschelt, weil die Klimaanlage immer so übertrieben kalt ist, gerade als die ersten Sekunden des Vorspanns anfingen, stand Miguel auf einmal vor uns und begrüßte uns lachend: Der Kartenkontrolleur ist ein Freund von ihm und er hatte mit einem Foto von uns gefragt, in welchen Film wir gegangen sind. "Tienes que creer en el creo".
Seit über einer Schwangerschaftsperiode mischen wir uns jetzt schon unter die 3,4 Millionen Panameñus. In der Kleinstadt Santiago und den noch kleineren Dörfern, in denen wir arbeiten, kennt man uns. Man unternimmt schon gar keinen Versuch mehr, Vicki und mir Fleisch zu servieren, weiß, dass Luca ein Mädchen ist und der Name ohne "s" geschrieben wird. Auch wir kennen die Welt um uns herum. Den Geruch von Reis, das Prasseln des Regens auf Wellblechdach, bei dem man das eigene Wort nicht mehr versteht, das Geschrei von Truthähnen und Hühnern (die, die mit uns geskypt haben, können wahrscheinlich selbst schon ein Lied davon krähen). Wir kennen das zahnlose Lächeln vieler Campesinos, haben viel Gastfreundschaft erlebt, viel Neugierde und auch Zurückhaltung uns gegenüber, vor allem der Sprache wegen. Wir wurden oft angehupt, uns wurde unzählige male hinterhergepfiffen und wir haben Freunde gefunden, oder sie uns. Wir haben Bekanntschaft mit den Postbeamten gemacht, die nicht nur wie durch einen Fluch in Zeitlupe zu arbeiten scheinen, sondern auch noch eine gewisse Aura wie Sirius Snape ausstrahlen. Wir kennen den wunderschönen Ausblick über die Berge und über das Meer bis zum Horizont und auch den traurigen Anblick von Müllteppichen neben der Straße und in den Dörfern, von brandgerodeten Feldern. Wir haben zahllose Plumsklos benutzt, mit und ohne Lüftungsrohr, Klobrille und -papier, mit und ohne Wasser zum Händewaschen danach, mit und ohne Tür und Schloss und mit und ohne der Gesellschaft von Mückenschwärmen, Kakerlaken oder Kröten. Wir haben gelebt.
Das gleiche Leben wie zuvor, mit Hoch- und Tiefpunkten und trotzdem ein ganz anderes. Ein Leben mit anderen Maßstäben, in Lehmhütten auf Holzpritschen, in Hängematten, ein Leben ohne Jacken, manchmal ohne Duschmöglichkeit über mehrere Tage, außer im eigenen Schweiß. Unbequem und unkomfortabel ist dieses Leben hier, wenn wir mit dem Rucksack auf den Schultern durch die Berge wandern und das bei sengender Hitze, bei tropisch-schwerer Luft und senkrecht stehender Sonne. Oder wenn wir zwei Stunden vom Dorf zurück zum Auto stolpern weil wir im strömenden Regen bei jedem zweiten Schritt im Matsch stecken bleiben. Aber gleichzeitig ist es das bequemste und komfortabelste Jahr meines Lebens. Durch so viel Zeit, die mir geschenkt wird, jeden Tag, durch so viele Freiheiten. Durch all die Zukunftspläne, Ziele, Verpflichtungen, Ideale, Verantwortlichkeiten und Aufgaben, die ich ein paar Monate zu Hause pausieren lassen konnte.
Jetzt also liege ich hier auf meiner Luftmatratze auf der Pritsche, im Radio läuft Tipico, von dem man wegen dem Regen aber nur wenig hört. Die Familie Valdes, bei der Vicki und ich diese Woche in Mata Redonda das letzte mal hausen, hat ein Solarpanel, daher erhellt neben meiner super-sexy Stirnlampe eine kalte LED-Leuchte Zimmer und umgebende Spinnennetze. Beide locken allerlei Insekten an. Es gibt tatsächlich Dinge, die ich nicht vermissen werde. Auf der anderen Seite aber, gibt es eine lange Liste dessen, was mir wirklich stark fehlen wird: die spontanen Ausflüge zum Strand, die Zufriedenheit, die viele der Dorfbewohner mit denen wir arbeiten, trotz der teils sehr großen materiellen Armut, ausstrahlen, Mais-Tortillas und Limonengrastee mit einer verbotenen Menge an Zucker. Die kleinen grünen Papageien die als Haustiere gehalten werden, draußen unter Sternenhimmel schlafen, den Eindruck, dass hier noch gearbeitet wird um zu Leben und nicht andersherum und allem voran natürlich einige Menschen. Vicki, die meine kleine Schwester geworden ist, Lolo und Luca, mit denen ich zusammengelebt, -gelacht und -gearbeitet habe, viele Freunde, die uns mit Küsschen begrüßt, das Land gezeigt, das Surfen beigebracht, über Landespolitik und -klatsch informierten und einfach mit uns Spaß hatten. CEPAS-Kollegen, die meinen gewohnten Organisations- und Planungswillen oft zur Verzweiflung trieben, die uns morgens um 6 aufstehen und dann doch zwei Stunden haben warten lassen, von denen wir gelernt und völlig durchnässt und frierend nach einer Wanderung aufgesammelt wurden, um erst mal zur besten Bäckerei der Provinz zu fahren und Chicheme (Mais-Reis-Zimt-Milch-Getränk) zu trinken.
"Er selbst wolle auch reisen, sagte Humboldt. Forster nickte. Mancher wolle das. Und jeder bereue es später. Warum? Weil man nie zurückkommen könne." (Daniel Kohlmann, Die Vermessung der Welt. S. 28f). Es stimmt, dass ich nicht als die zurückkommen kann, die ich war. Vielleicht nie ganz zurückkommen kann, weil ich die Tür zu einem neuen zu Hause in Mittelamerika unwiderruflich geöffnet habe. Aber bereuen, werde ich das sicher nicht. Manches an der deutschen Kultur und Politik wäre vielleicht einfacher zu akzeptieren, würde ich keine Alternative kennen, aber ich habe in den letzten Monaten mit ganzem Herzen erlebt und gelernt und werde ein bisschen panamaischer Kultur mit nach Hause nehmen, die bunte Suppe der Weltbevölkerung ein winziges Stückchen weiter umrühren.
Mein Studentenleben wird aber auf jeden Fall ein paar panamaische Züge zeigen und davon werde ich nur profitieren.
Eure Andrea
Ein bisschen kopflos verwirrt kurz vor Ende und Anfang |
Seit über einer Schwangerschaftsperiode mischen wir uns jetzt schon unter die 3,4 Millionen Panameñus. In der Kleinstadt Santiago und den noch kleineren Dörfern, in denen wir arbeiten, kennt man uns. Man unternimmt schon gar keinen Versuch mehr, Vicki und mir Fleisch zu servieren, weiß, dass Luca ein Mädchen ist und der Name ohne "s" geschrieben wird. Auch wir kennen die Welt um uns herum. Den Geruch von Reis, das Prasseln des Regens auf Wellblechdach, bei dem man das eigene Wort nicht mehr versteht, das Geschrei von Truthähnen und Hühnern (die, die mit uns geskypt haben, können wahrscheinlich selbst schon ein Lied davon krähen). Wir kennen das zahnlose Lächeln vieler Campesinos, haben viel Gastfreundschaft erlebt, viel Neugierde und auch Zurückhaltung uns gegenüber, vor allem der Sprache wegen. Wir wurden oft angehupt, uns wurde unzählige male hinterhergepfiffen und wir haben Freunde gefunden, oder sie uns. Wir haben Bekanntschaft mit den Postbeamten gemacht, die nicht nur wie durch einen Fluch in Zeitlupe zu arbeiten scheinen, sondern auch noch eine gewisse Aura wie Sirius Snape ausstrahlen. Wir kennen den wunderschönen Ausblick über die Berge und über das Meer bis zum Horizont und auch den traurigen Anblick von Müllteppichen neben der Straße und in den Dörfern, von brandgerodeten Feldern. Wir haben zahllose Plumsklos benutzt, mit und ohne Lüftungsrohr, Klobrille und -papier, mit und ohne Wasser zum Händewaschen danach, mit und ohne Tür und Schloss und mit und ohne der Gesellschaft von Mückenschwärmen, Kakerlaken oder Kröten. Wir haben gelebt.
Señora beim Reisschlagen (Wir haben angefangen und sie hat uns nach ca. 10 Minuten Abgelöst weil wir nicht mehr konnten - ungefähr mit der 5-fachen Kraft und 10-fachen Frequenz der Schläge, danach folgte der feste Vorsatz, dass wir unseren Reis in zukunft IMMER aufessen werden)
Die Schlafstörer |
Latrine ohne Dach in Pueblo Nuevo
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Dieses Foto wurde nach 4 Stunden Matschweg aufgenommen, nach weiteren 2 Stunden waren die Schuhe wieder Sauber, wir standen hüfttief im Fluss. |
"BAILAN BALAN PUE, AUUUUUEEEE! AUUUUIII!" (Konzert für uns in Cerro Viejo, mit Geige, Tamburin und Ratsche)
Tropenhaustiere
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Arbeitsweg (Ausschnitt einer Rüttel-Chiva-Fahrt auf der Panamericana)
Eure Andrea
Sonntag, 1. Mai 2016
" Trinkwasser brauchen wir zum Leben, Elektrizität nicht. "
In der letzten Zeit, waren wir auf sehr vielen sogenannten "Reuniónes", dies sind Zusammentreffen der jeweiligen Dorfgemeinschaft mit CEPAS, um Probleme innerhalb der Gemeinschaft zu analysieren und dafür Lösungen zu erörtern, die dann später in Projekte umgesetzt werden. Für uns war diese Phase sehr interessant zu sehen, da wir in Pueblo Nuevo mit dem Projekt anfingen, aber die Entwicklung, wie es dazu kam nicht miterlebt haben.
Wir sind also mit einem CEPAS Mitarbeiter los gelaufen und wussten nicht was uns erwartet, weil jede Comunidad, also Dorfgemeinschaft, anders ist. In einer Woche waren wir einen Tag in Cerro Viejo, welches circa 2 Stunden mit dem Auto von Santiago entfernt ist. Diese Comunidad stellte sich als unheimlich herzlich und interessiert heraus. Wir haben mit ihnen die Problemerörterung durchgeführt, wobei sie auch herausstellen sollten, welche Probleme größer sind und welche im Verhältnis kleiner sind. Dabei entstand das Zitat in der Überschrift, welches meines Erachtens, sehr wichtig ist zu erwähnen. Es wurde die Frage gestellt, ob es schlimmer ist, keine Wasserleitung oder keine Elektrizität zu haben. Eine Frau brachte es ganz simpel auf den Punkt, "Trinkwasser brauchen wir zum Leben, Elektrizität nicht. ". In einer Welt, wo die Technik einen erheblichen Stellenwert erreicht hat, könnten wir einfach sagen, wir verzichten drauf ? Oder würde das Problem eher gleichgestellt sein mit Trinkwasser ? Denn hier im Dorf, wurde Elektrizität, als das kleinste Problem angesehen.
Familienstammbaum in Cerro Viejo |
An einem anderen Tag, waren wir in einer weiteren Comunidad, welche sehr nah an Cerro Viejo liegt. Wir sind dort mit Raphael hingefahren und mussten noch ein ganz schönes Stück bergab laufen, um ins Dorf zu gelangen, wo wir uns schon auf dem Weg dachten: "Meine Güte, dass müssen wir gleich alles in der Mittagssonne wieder hoch gehen.". Wie es sich herausgestellt hat, war es umso wichtiger jeden Schritt zu gehen, weil diese Gemeinschaft nicht von Pfarrern oder anderen Unterstützern besucht wird, um mit den Leuten zu sprechen und ihnen zu helfen, Probleme zu lösen. Als wir dort angekommen sind, wurden wir wieder herzlich, aber von einer kleineren Gruppe begrüßt. Raphael hat die Reunión begonnen und wir befassten uns erneut mit der Problemerörterung. Hier ist uns im Besonderen aufgefallen, wie wichtig Bildung ist, beziehungsweise jemand, der in die Dörfer geht und einfach andere Perspektiven und Denkanstöße weitergibt. Zum Beispiel, war den Menschen dort nicht bewusst, dass es für sie praktischer wäre, soviel Reis anzubauen, dass es für sie das ganze Jahr reicht. Zur Zeit, müssen sie ergänzend zur Ernte, Reis kaufen.
Es geht aber nicht darum ihnen vorzuschreiben, so oder so geht es, sondern darum, ein vielfältiges Bewusstsein zu schaffen, wie Dinge auch woanders funktionieren. Um daraus Lösungsstrategien zur Problembewältigung heraus zu filtern.
Seit den letzten zwei Wochen arbeiten Lorena und ich nun in San Fransisco. An einer Schule für Erwachsene helfen wir dort im Schulgarten, geben Englischunterricht und arbeiten mit dem Pfarrer in verschieden Dörfern zusammen. Uns gefällt es dort sehr gut und wir haben schon einen Anschluss an die Gemeinschaft gefunden. Vicki und Andrea fahren abwechselnd weiterhin zu Reuniónes und besuchen Dörfer, um mit ihnen verschiedene kleine Projekte durchzuführen. Beispielsweise ein Videoprojekt, indem die Menschen, aus den Comunidades, Grußbotschaften nach Deutschland senden.
Einen herzlichen Gruß, aus dem wieder regnerischen Panama.
Eure Luca
Sonntag, 13. März 2016
Kein Tag mehr ohne Wasser
'' (...) In gewohnter Weise beginnen wir den Tag mit Waschen und Zähneputzen. Täglich, ob zu Fuß oder mit einem Verkehrsmittel, begegnen wir dem Wasser. Oft behindert uns Regen oder Nebel; Im Winter erschweren Schnee und Glatteis das Fahren und Gehen. Die Gewässer als Hindernisse für Verkehrswege müssen mit Brücken überspannt werden. In den warmen Jahreszeiten denken wir bei jedem Schritt an Wasser, wenn uns der Durst plagt und der Schweiß von der Stirne rinnt. Ein heißer Sommertag ist erst dann angenehm und schön, wenn die Möglichkeit für ein erfrischendes Bad besteht. Ein Tag ohne Wasser ist einfach nicht denkbar. (...) ''
http://www.zobodat.at/pdf/VNHM_NF_018_0013-0018.pdf (13.03.2016)
Unsere Indianerkleider |
Nach den letzten anstrengenden Wochen in Pueblo Nuevo konnten wir nun unser Hauptprojekt beenden. Seit Anfang März fließt für die rund 500 Einwohner Wasser durch die Leitungen, die wir mit Mühe verklebt haben, bis zu ihren Häusern.
Es war ein unglaubliches Gefühl, endlich die großen Wassertanks mit der Leitung zu verbinden und zu hören, wie sich der Tank immer weiter füllt.
Mit einem traurigen und einem lachenden Auge verließen wir das Dorf, wir waren stolz auf uns und unsere Arbeit, die wir fast sechs Monate gemacht haben, aber auch traurig, die Menschen und das Dorf erstmal zurückzulassen, da uns alle sehr ans Herz gewachsen sind.
Am 02.03.2016 fand unser Abschlussfest statt, an dem wir alle ein selbstgeschneidertes Indianerkleid geschenkt bekamen. Dieses Kleid wird uns immer an unser Jahr hier in Panama, aber am meisten an Pueblo Nuevo erinnern.
Mit einem gemeinsamen Essen ließen wir die Abschlussfeier ausklingen und sind alle auf ein Wiedersehen gespannt.
Anschließend an die Fertigstellung der Wasserleitung, wurde unser Zwischenseminar mir Raphaela, einer Freiwilligen vor zwei Jahren, und Samuel in der Hauptstadt Panamas durchgeführt. Untergekommen sind wir dort in einem Institut für Seminare (Instituto Cooperativo Interamericano). Gemeinsam haben wir unser bisheriges halbes Jahr reflektiert und das Biodiversitätsmuseum besucht.
Ab April wird Matthias, einem der Freiwilligen aus dem letzten Jahr, uns besuchen kommen und eine Projektreise mit uns zusammen durchführen.
Wir sind gespannt!
Viele liebe Grüße aus dem heißen Sommer Panamas,
Lorena
''(...) Ohne Wasser gibt es kein Leben, nicht für Pflanzen, nicht für Tiere und schon gar nicht für den Menschen. Vor Milliarden Jahren ist das Leben aus dem Wasser entstanden. Durch das Wasser wird es erhalten. Wasser ist die Voraussetzung für jeden Lebensprozess (...).
Zur Deckung seines Flüssigkeitsbedarfes muss der (...) Mensch täglich zwei bis drei Liter Wasser aufnehmen. Der Mensch kann nur etwa drei Tage ohne Flüssigkeitsaufnahme überleben. Dagegen kann er etwa 30 Tage ohne Aufnahme von fester Nahrung überstehen, wenn die Flüssigkeitszufuhr geregelt ist. (...)''http://www.zobodat.at/pdf/VNHM_NF_018_0013-0018.pdf (13.03.2016)
Der angeschlossene Wassertank |
''Arroz con pollo'' von der Abschlussfiesta in Pueblo Nuevo |
Sonntag, 17. Januar 2016
"Sofort morgen" sagte der kleine Tiger
Zeit...
Was Zeit eigentlich sein könnte, lerne ich erst hier.
Zu Hause sind die Tage immer ähnlich vergangen. Im gleichen Tempus, im gleichen Alltag.
Doch das Leben in Panama hat mir ein unglaubliches Geschenk gemacht.
Ich lerne wie wichtig der Moment ist.
Jeden Tag darf ich so viele neue Dinge erleben. Das kann ich nur, weil ich die Zeit dafür habe mich ganz fallen zu lassen.
Kein schulischer Druck, keine Pflichten, die einem auferlegt werden, kaum gesellschaftliche Zwänge, die das Tun und Handeln jeden Tag determinieren.
Hier bin ich in einem völlig neuen Umfeld. Ab dem Zeitpunkt, als ich aus dem Flieger stieg kannte ich nichts; keinen einzigen Menschen (außer die Mitfreiwilligen), keine Straße, kein Haus ... noch nicht einmal die Sprache.
Dies gibt mir die Freiheit alles absolut neu zu erkunden und mit völlig neuen Eindrücken gewinne ich ein neues Verhältnis zu mir selbst.
Denn jede neue Begegnung versuche ich in meine persönliche Biografie einzuordnen. Ich beginne zu vergleichen und mir fallen Dinge wieder ein, die längst in Vergessenheit geraten sind. Es fällt auf, wie stark die vorherigen Erlebnisse, seitdem ich geboren bin, das jetzige Verhalten bestimmen.
Ich bemerke, was ich wirklich mag und was nicht.
Gefühle werden einfach stärker empfunden, weil ich die Zeit habe, mich mit ihnen zu befassen.
Wie wertvoll Zeit ist habe ich auch erst hier gelernt. Ich wachte auf und auf einmal war Weihnachten. Ich war in dem Moment schon 4 Monate hier.
Mir kommt es vor wie 2 Tage, aber gleichzeitig habe ich mich so auf das Leben hier eingelassen, dass es mir vorkommt als sei ich schon immer hier.
Die Relativität der Zeit zeigt sich nicht nur in dem Zeitgefühl, sondern auch darin, dass es an manchen Tagen wirklich "relativ" ist, wie viel Uhr es ist. Man steht mit der Sonne auf und geht mit ihr ins Bett, isst wenn man hunger hat und hört auf zu arbeiten, wenn alle "Tubos" verbunden sind.
Das alles gibt eine so starke, innere Zufriedenheit.
Aus der ich viel Kraft gewinne, mich mit Dingen zu befassen, die ich zu Hause nicht einmal wahrgenommen hätte.
Die Zeit gibt einem also die Kraft zu Reflexion und die Freiheit zu Handeln.
"Denn Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen" - MOMO, ZWEITER TEIL: DIE GRAUEN HERREN, Sechstes Kapitel, (1973) K. Thienemann Verglag Stuttgart, S. 57
- Viktoria
Was Zeit eigentlich sein könnte, lerne ich erst hier.
Zu Hause sind die Tage immer ähnlich vergangen. Im gleichen Tempus, im gleichen Alltag.
Doch das Leben in Panama hat mir ein unglaubliches Geschenk gemacht.
Ich lerne wie wichtig der Moment ist.
Jeden Tag darf ich so viele neue Dinge erleben. Das kann ich nur, weil ich die Zeit dafür habe mich ganz fallen zu lassen.
Kein schulischer Druck, keine Pflichten, die einem auferlegt werden, kaum gesellschaftliche Zwänge, die das Tun und Handeln jeden Tag determinieren.
Hier bin ich in einem völlig neuen Umfeld. Ab dem Zeitpunkt, als ich aus dem Flieger stieg kannte ich nichts; keinen einzigen Menschen (außer die Mitfreiwilligen), keine Straße, kein Haus ... noch nicht einmal die Sprache.
Dies gibt mir die Freiheit alles absolut neu zu erkunden und mit völlig neuen Eindrücken gewinne ich ein neues Verhältnis zu mir selbst.
Denn jede neue Begegnung versuche ich in meine persönliche Biografie einzuordnen. Ich beginne zu vergleichen und mir fallen Dinge wieder ein, die längst in Vergessenheit geraten sind. Es fällt auf, wie stark die vorherigen Erlebnisse, seitdem ich geboren bin, das jetzige Verhalten bestimmen.
Ich bemerke, was ich wirklich mag und was nicht.
Gefühle werden einfach stärker empfunden, weil ich die Zeit habe, mich mit ihnen zu befassen.
Wie wertvoll Zeit ist habe ich auch erst hier gelernt. Ich wachte auf und auf einmal war Weihnachten. Ich war in dem Moment schon 4 Monate hier.
Mir kommt es vor wie 2 Tage, aber gleichzeitig habe ich mich so auf das Leben hier eingelassen, dass es mir vorkommt als sei ich schon immer hier.
Die Relativität der Zeit zeigt sich nicht nur in dem Zeitgefühl, sondern auch darin, dass es an manchen Tagen wirklich "relativ" ist, wie viel Uhr es ist. Man steht mit der Sonne auf und geht mit ihr ins Bett, isst wenn man hunger hat und hört auf zu arbeiten, wenn alle "Tubos" verbunden sind.
Das alles gibt eine so starke, innere Zufriedenheit.
Aus der ich viel Kraft gewinne, mich mit Dingen zu befassen, die ich zu Hause nicht einmal wahrgenommen hätte.
Die Zeit gibt einem also die Kraft zu Reflexion und die Freiheit zu Handeln.
"Denn Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen" - MOMO, ZWEITER TEIL: DIE GRAUEN HERREN, Sechstes Kapitel, (1973) K. Thienemann Verglag Stuttgart, S. 57
- Viktoria
Panama Neuigkeiten:
Hildegard Jaschinski hat uns über Weihnachten und Silvester besucht. Aufgrund eines Erbes konnte sie und ihr Bruder die Schule in "Piedra de Fogón" finanzieren. Diese haben wir zusammen mit ihr besucht und wurden herzlich empfangen. Weihnachten feierten wir bei der Familie von Lorena in Aquadulce und das neue Jahr wurde natürlich mit einer super Party begonnen.
Freitag, 11. Dezember 2015
Flugstunden
Willkommen, willkommen im unweihnachtlichsten Advent unseres jungen Lebens. Turbulente Tage liegen seit dem letzten Blogeintrag hinter uns, Tage die wir ausgenutzt haben um Land und Leute besser kennen zu lernen, einen tieferen Blick in die Kultur zu erhaschen und leider auch, um auf Wiedersehen zu sagen.
Nach ein paar Honighaustagen begannen die Nationalfeiertage Panamas. Die "Fiesta Patrias". Zur Feier der Unabhängigkeit von Kolumbien und Spanien, des Apostels von Santiago sowie zum Tag der Flagge waren Anfang November 4 Tage lang Desfiles, also Umzüge und Partys.
Den ganzen Tag über drängelten sich Pipaeisverkäufer, zuckerwattebepackte Männer, Luftballonclowns und Jungs mit Platanochips und Soda, Plastikhocker oder Helium-Mini-Mäusen durch die Einwohner Santiagos, die die Calle Central säumten, um sich das farbenfrohe und musikalische Spektakel anzusehen. Wir natürlich mittendrin.
Trotz der unfassbaren Hitze und dem Mangel an Schattenspendern maschierten Mädels und Jungs aus allen möglichen Schulen, Krankenhausmitarbeiter, Polizeihunde mit Trainern, viel Militär mit allen möglichen Fahrzeugen, die Feuerwehr, Frauen und Männer in traditionellen Hemden und Polleras mit dem aufwendigen Kopfschmuck, Fahnenträger und natürlich viele, viele Musikanten stundenlang durch die aufwendig, mit unzähligen Panamaflaggen, geschmückte Straße.
Wir stellten uns diese Feierlichkeiten in Deutschland vor. Und kamen schnell zum Schluss; Unvorstellbar. Wie viel Nationalstolz braucht wohl ein Entwicklungsland um den "Absprung" zu schaffen, um genug Euphorie aufkommen zu lassen, für den Abflug Richtung Industriestaat? Und wie viel Nationalismus ist gefährlich? Wie viel Ehrgeiz nach Außen lässt einen die Innenpolitischen Probleme unter den Teppich kehren? Die Indigenas, die mit der Parole "sin lucha no hay victoria" - "ohne Kampf gibt es keinen Sieg" gegen den Landraub für Wasserkraftwerke im Umzug protestierten, in der Staubwolke zurück, während man selbst schon auf der siebten Wolke schwebt.
Das Wochenende zwischen den Feiertagen machte ich mich mit Vicki zum höchsten Punkt Panamas auf. Nach einem Tag in Bouquette, in der Provinz Chiriqui, mit dem Besuch von heißen Quellen und sehr wenig Schlaf begannen wir um 23:30 Uhr mit dem achtstündigen Aufstieg auf Vulcan Barú: 2 Stunden länger als prophezeit, dafür mit mehr Blicken in den wunderschönen Sternenhimmel und mit verpasstem Sonnenaufgang auf dem Gipfel. Trotzdem war der Ausblick überwältigend. Im wahrsten Sinne waren wir über den wenigen Wolken auf 3.600 Metern und gleichzeitig auf dem einzigen Fleckchen Erde von dem man sowohl Pazifik als auch die Karibik, dementsprechend zwei Weltmeere zur gleichen Zeit sehen kann. Das Glück war mit uns, sodass das Wetter dies auch zuließ. Nach einem Kakao mit dem diensthabenden Polizisten auf der Gipfelstation, machten wir uns auf zum Abstieg, der uns bis an die körperlichen Grenzen brachte.
Zurück in der Soledad in Santiago, kam die traurige Nachricht, dass Luca aus familiären Gründen vorübergehend zurück nach Deutschland muss. Nach den letzten Desfiles und einem Abschiedsabend im Rancho begleiteten wir sie also nach Panama Stadt, wo wir uns am Flughafen "bis bald" sagten.
Um uns ein bisschen abzulenken ging es für uns drei weiter nach Portobelo, einer Bucht der Karibikküste, von Kolumbus entdeckt und während der Kolonialzeit ein bedeutender Hafen mit Wehranlagen, deren Ruinen man noch immer betreten kann.
Dem folgten weitere drei Wochen in Pueblo Nuevo. Zurück auf dem Boden, in dem Dorf ohne fließendes Wasser und Strom. Die Trockenzeit kommt und wir arbeiteten viel um vor der Sommerpause über Dezember einiges abzuschließen, verklebten und sägten Rohre, installierten Hähne und "llaves de paso".
Nachmittags kamen wie gewohnt die Dorfkinder um uns panamesische Märchen von Vampiren zu erzählen, Mensch-Ärgere-Dich-Nicht zu spielen oder zu malen. In der dritten Woche besuchten wir am Donnerstag die Schule, brachten für jedes Kind eine Weltkarte mit und gaben in allen Klassen eine Mini-Stunde über Kontinente, Weltmeere und die Verbreitung der spanischen und englischen Sprache.
Wir gaben Flugstunden, in der Hoffnung, die Kinder der nächsten Generation könnten irgendwann mit den Panamenus zum Kunstflug abheben.
Wir wünschen euch noch eine wunderschöne Adventszeit, fröhliche Feiertage und natürlich einen Guten Rutsch ins neue Jahr!
Andrea mit Lolo & Vicki
Nach ein paar Honighaustagen begannen die Nationalfeiertage Panamas. Die "Fiesta Patrias". Zur Feier der Unabhängigkeit von Kolumbien und Spanien, des Apostels von Santiago sowie zum Tag der Flagge waren Anfang November 4 Tage lang Desfiles, also Umzüge und Partys.
Den ganzen Tag über drängelten sich Pipaeisverkäufer, zuckerwattebepackte Männer, Luftballonclowns und Jungs mit Platanochips und Soda, Plastikhocker oder Helium-Mini-Mäusen durch die Einwohner Santiagos, die die Calle Central säumten, um sich das farbenfrohe und musikalische Spektakel anzusehen. Wir natürlich mittendrin.
Trotz der unfassbaren Hitze und dem Mangel an Schattenspendern maschierten Mädels und Jungs aus allen möglichen Schulen, Krankenhausmitarbeiter, Polizeihunde mit Trainern, viel Militär mit allen möglichen Fahrzeugen, die Feuerwehr, Frauen und Männer in traditionellen Hemden und Polleras mit dem aufwendigen Kopfschmuck, Fahnenträger und natürlich viele, viele Musikanten stundenlang durch die aufwendig, mit unzähligen Panamaflaggen, geschmückte Straße.
Frau mit traditioneller Pollera, die Muster werden von Hand aufgestickt, was diese Volkskleidung immens wertvoll macht |
Das Wochenende zwischen den Feiertagen machte ich mich mit Vicki zum höchsten Punkt Panamas auf. Nach einem Tag in Bouquette, in der Provinz Chiriqui, mit dem Besuch von heißen Quellen und sehr wenig Schlaf begannen wir um 23:30 Uhr mit dem achtstündigen Aufstieg auf Vulcan Barú: 2 Stunden länger als prophezeit, dafür mit mehr Blicken in den wunderschönen Sternenhimmel und mit verpasstem Sonnenaufgang auf dem Gipfel. Trotzdem war der Ausblick überwältigend. Im wahrsten Sinne waren wir über den wenigen Wolken auf 3.600 Metern und gleichzeitig auf dem einzigen Fleckchen Erde von dem man sowohl Pazifik als auch die Karibik, dementsprechend zwei Weltmeere zur gleichen Zeit sehen kann. Das Glück war mit uns, sodass das Wetter dies auch zuließ. Nach einem Kakao mit dem diensthabenden Polizisten auf der Gipfelstation, machten wir uns auf zum Abstieg, der uns bis an die körperlichen Grenzen brachte.
Am Gipfel angekommen, im Hintergrund Bocas del Toro und die Pazifikküste, rechts die Gipfelstation |
Zurück in der Soledad in Santiago, kam die traurige Nachricht, dass Luca aus familiären Gründen vorübergehend zurück nach Deutschland muss. Nach den letzten Desfiles und einem Abschiedsabend im Rancho begleiteten wir sie also nach Panama Stadt, wo wir uns am Flughafen "bis bald" sagten.
Um uns ein bisschen abzulenken ging es für uns drei weiter nach Portobelo, einer Bucht der Karibikküste, von Kolumbus entdeckt und während der Kolonialzeit ein bedeutender Hafen mit Wehranlagen, deren Ruinen man noch immer betreten kann.
Beim "Kraxeln" auf den Ruinen - in Panama kein Problem, die Anlagen stehen wegen dem starken Verfall allerdings auch schon auf der Roten Liste von UNESCO |
Dem folgten weitere drei Wochen in Pueblo Nuevo. Zurück auf dem Boden, in dem Dorf ohne fließendes Wasser und Strom. Die Trockenzeit kommt und wir arbeiteten viel um vor der Sommerpause über Dezember einiges abzuschließen, verklebten und sägten Rohre, installierten Hähne und "llaves de paso".
Hier ein "llave de paso" |
Unsere kleine Mitbewohnerin in der Küchenhütte |
Wir gaben Flugstunden, in der Hoffnung, die Kinder der nächsten Generation könnten irgendwann mit den Panamenus zum Kunstflug abheben.
Wir wünschen euch noch eine wunderschöne Adventszeit, fröhliche Feiertage und natürlich einen Guten Rutsch ins neue Jahr!
Andrea mit Lolo & Vicki
Donnerstag, 5. November 2015
Unser Hauptprojekt in ''Pueblo Nuevo''
Wir brauchen Wasser den ganzen Tag, was wäre, wenn wir es plötzlich nicht mehr hätten?
In ''Pueblo Nuevo'', dem Dorf, wo unser Hauptprojekt läuft, kennen die Ureinwohner dieses Problem sehr gut. Wir sind seit gut einem Monat dabei, eine Wasserleitung für dieses Dorf, mit ungefähr 500 Einwohnern zu errichten. Am Ende soll jedes Haus einen eigenen Wasserhahn besitzen und hoffentlich für sehr lange Zeit fließend Wasser.
Als wir das erste Mal in diesem Dorf angekommen sind, wurden wir von allen Leuten dort sehr nett begrüßt und uns fiel auf, wie anders diese Comunidad doch zu ''Piedra de Fogón'' ist. Die erste Nacht mussten wir uns zum schlafen aufteilen, doch am nächsten Morgen haben wir unser eigenes Häuschen bekommen.
Um zur Quelle zu gelangen, müssen wir einen Berg hochlaufen, schon am ersten Tag haben sehr viele Männer und auch Frauen mit angepackt und angefangen die Gräben für die Rohre zu schaffen und das Fundament zweier Wassertanks. Wir waren begeistert zu sehen, wie aktiv und motiviert die Einwohner fast aller Generationen mitgeholfen haben, um sehr schnell an nahes Wasser zu kommen.
Unsere Aufgabe bestand nun darin, die Rohre in die Gräben zu legen und miteinander zu verkleben, so dass sie zu 100% Wasserdicht sind. Die Einwohner die helfen, haben die Rohre, direkt nach dem wir sie verklebt haben, eingegraben, dass sie auch vor dem Regen und der Sonne geschützt sind. Es werden zwei Hauptleitungen errichtet, die zusammen vier Kilometer lang sind.
Durch unsere fleißige Arbeit und der Hilfe vieler Einwohner Pueblo Nuevos, haben wir die Hauptleitungen schon fast fertig und konnten in den letzten zwei Wochen schon damit anfangen, die Verbindungsstücke und -rohre für die einzelnen rund 100 Häuser zu legen.
In der letzten Woche waren wir das erste Mal ohne unseren Papa Lorenzo unterwegs und haben, neben dem verkleben der Rohre, angefangen, mit der Schule und den Kindern in dem Dorf zu kooperieren. Jetzt wollen wir versuchen, ein Projekt in der Art, wie es uns in ''Buenos Aires'' begeistert hat, anzukurbeln. In dieser Woche haben wir auch sehr viel Besuch von den Einwohnern bekommen, vor allem von Kindern, denen wir ''Monopoly'' und ''Mensch ärgere dich nicht'' spielen beigebracht haben.
In dieser Woche sind wir in unserem Haus in Santiago, da die wichtigsten Feiertage Panamas stattfinden, über die wir demnächst berichten werden.
Bis dahin und liebe Grüße aus dem heißen Panama,
eure Lorena
Fundament des ersten Wassertanks |
Die Wasserquelle |
Das Säubern der Rohre vor dem verkleben |
Das Verkleben der Rohre |
Das Vergraben der Rohre |
Die noch unfertige Wasserleitung |
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